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Leipzig - einundleipzig (von Harald Schultze)

1. Zum Titel

Was bedeutet uns die Redewendung heute? Internet : anno Tobak, anno dazumal, anno Pief; „ich glaube, das soll (vom Klang her) an siebzig / einundsiebzig angelehnt sein“.

So „wurde der Sieg der preußischen Truppen im deutsch-französischen Krieg 1870/71 im Volksmund bezeichnet“ (Kirstin Anne Schäfer, Die Völkerschlacht, in: Deutsche Erinnerungsorte, Bd.II, München 2001).

 

2. Aktuelles Gedenken

 

Philatelistisch: Briefmarke (am 10. Oktober), bezogen auf 100 Jahre Denkmal, nicht auf 200 Jahre Völkerschlacht. NAPOSTA 2013 (Philatelie 420/ Juni 2012: „Wir wollen die NAPOSTA 2013 in Leipzig“) gescheitert, nach außen wegen finanziellen Risikos; aber wer, wenn nicht BDPh, könnte ein derartiges Risiko tragen?. Auch angekündigtes Consilium Philatelicum findet nicht statt.

 

Aktiver ist schon die Privatpost am Ort Leipzig, die sich allerdings ebenfalls nur den Denkmalen widmet: Leipziger Volkszeitung hat eine Serie von 5 Briefmarken „Denkmale der Völkerschlacht bei Leipzig“ herausgegeben und unterstützt mit einem Markenheft den Förderverein Völker-schlachtdenkmal e.V..

 

Aufmerksamkeit vor allem außerhalb der Philatelie: Werbung, Broschüren, Faltblatt: u.a. Intern. Wissenschaftliche Konferenz Ende September, Ausstellung im Sächsischen Staatsarchiv, Festwoche vom 17.-20.10.2013 (Broschüre S. 48 f : Festgottesdienst in der Russischen Gedächtnis-kirche, Festakt am Denkmal mit intern. Auftragskomposition, „Lebendige Historie“ u.a.) und umfangreicher Internet-Auftritt, u. a. auch www.mdr.de/voelkerschlacht.

 

Vortrag will das nicht abdecken, sondern etwas zeigen, was jedenfalls in den Broschüren und Ausstellungen nicht erscheint: s. Titel „Leipzig – einundleipzig“, an Hand im wesentlichen philatelistischer, aber auch anderer Belege.

3. Jena und Auerstedt und Einzug Napoleons in Berlin - mit Blick auf 1870/71

 

Nicht zufällig nur eine philatelistische Darstellung aus älterer Zeit, diese nur mittelbar: Bildpostkarte Bad Sulza: „Eingangstor zum Schlachtfeld von Auerstedt 1806“ (am 14.10.).

Dann erst 2006: Darstellung der Schlacht auf einer PP. Erstaunliche, weitgehend privat initiierte historische Gedenkstätten: Museum 1806 in Cospeda, Gedenkstätte im Schloß Auerstedt, Gedenkstätte im Pfarrhaus Hassenhausen. 2006 Nachstellung der Schlacht.

 

10 Tage später besetzen französische Truppen Berlin, Einzug Napoleons am 27.10.

 

Feldpostbrief vom 18.11.1806 mit No.26 Grande Armée des Feldpostamtes der kaiserlichen Garde. Unfrei aufgegeben, das Porto hatte der Empfänger zu zahlen. Dieses betrug gemäß Taxvermerk 8 Décimes: 2 Décimes Mindestgebühr für einen Brief bis 7 g Gewicht innerhalb der ersten Entfernungszone; da Paris in der 4. Zone innerhalb Frankreichs liegt und je 1 Décime für jede weitere Zone erhoben wurde, kamen 3 Décimes hinzu; auf die 5 Décimes Porto in Frankreich wurden für Briefe aus Preußen 3 Décimes aufgeschlagen. - Der Brief erhielt auf der Rückseite den roten Ankunftstempel vom 2.12.1806. Er war mit dem ebenfalls auf der Rückseite sichtbaren Siegel des Absenders, des späteren Generals der Kavallerie Le Grange, verschlossen.

 

Block : Kaiserliche Garde Napoleons

 

Bild: Napoleon besichtigt das Grab Friedrich II. (Gruft in der Garnisonkirche Potsdam).

„Wenn er noch gelebt hätte, wäre ich nicht hier.“

 

Ortsbrief vom 1.2.1808 des „Conseiller d´Etat intendt. de la gde.armée“ (Staatsrat für Verwaltung) an den für die Versorgung zuständigen Beamten Lonnoy, Königstr. No.31. Der rote Franchisestempel wurde zum Nachweis der Portofreiheit angebracht.

 

Die Quadriga wurde Ende 1806 auf Befehl Napoleons für einen Triumphbogen zur Siegesfeier nach Paris transportiert. Nach der Niederlage Napoleons wurde sie 1814 nach Berlin zurückgebracht. 1958 hatte man den ursprünglichen Zustand wiederhergestellt, ohne Eisernes Kreuz und preußischen Adler, die erst nach der Rückkehr aus Paris hinzugefügt worden waren, wodurch die Quadriga zum politischen Symbol wurde. Nun allerdings zeigte sie in die entgegengesetzte Richtung (oben). Nach der Wiedervereinigung stellte man den Zustand des 19. Jahrhunderts her und drehte sie um.

 

Tafel am Denkmal in Auerstedt, heute sog. Sieges- und Opfersäule: „Preussens Aar flog über Auerstedts Gefilde nach Sedan“.

 

Jena-Hassenhausen, betr. Brschwg.: 1806 ./. 1870: „Welch´eine Wendung durch Gottes Führung.“

 

Bismarcks Besuch in Jena 1892 : Bismarck wies auf die Niederlage der preußischen Armee bei Jena und Auerstedt im Jahre 1806 hin und hob hervor, dass dieses Debakel bedeutsame positive Auswirkungen gezeitigt hatte: »Der Name Jena hatte für mich als Sohn einer preußischen Militärfamilie einen schmerzli­chen und niederdrückenden Klang. Es war das natürlich, und erst in reiferen Jah­ren habe ich einsehen gelernt, welchen Ring in der Kette der göttlichen Vorse­hung für die Entwicklung unseres deutschen Vaterlandes die Schlacht bei Jena auf die gesamten Verhältnisse unseres Vaterlandes ausgeübt hat. Ich kann mich nicht freuen bei dieser Erinnerung, mein Herz kann es nicht, wenn auch mein Verstand mir sagt, dass, wenn Jena nicht gewesen wäre, Sedan vielleicht auch nicht in unse­rer Geschichte seinen glorreichen Platz gefunden hätte. Als Tatsache kann man annehmen, dass damals die friderizianische preußische Monarchie, eine großarti­ge, in sich einige Schöpfung, ihre Zeit ausgelebt hatte, und ich glaube nicht, dass wir, wenn sie bei Jena gesiegt hätte, eine ähnliche gedeihliche Entwicklung aufzu­weisen gehabt hätten. Ich weiß das zwar nicht. Aber die Zertrümmerung des morsch gewordenen Baumes - morsch, wie die Kapitulationen unserer ältesten und acht­barsten Generäle aus jener Zeit erwiesen haben - war notwendig, um freien Platz zu schaffen für den erforderlichen Neubau, und das zerschlagene Eisen der altpreußischen Monarchie wurde unter dem schweren und schmerzli­chen Hammer der Fremdherrschaft zu dem Stahl geschmiedet, der 1813 diese Fremdherrschaft mit starker Elastizität zurückschleuderte. Ohne diesen Druck der Fremdherrschaft und ohne den vollständigen Verzicht auf die Vergangenheit wäre das Erwa­chen des deutschen Nationalgefühls im preußischen Lande, welches aus der Zeit der tiefsten Schmach der Fremdherrschaft seine ersten Ursprün­ge zieht, kaum möglich gewesen.« (aus: Jahrbuch für den Saale-Holzland-Kreis und Jena, 1996)

 

Denkmal auf dem Französischen Friedhof II in Berlin.

 

Vorder- (in Kopie) und Rückseite eines Feldpostbriefs aus Dresden an einen sächsischen Soldaten. Stempel der Feldpost-Expedition von zwei aufeinander folgenden Tagen. Handschriftlicher Vermerk eines Feldwebels: “Adressat ist am 1. September in der Schlacht bei Sedan gefallen.“ Daraufhin ging der Brief zurück (blauer Retour-Vermerk auf Vorderseite) und wurde am 8. Oktober 1870 in Dresden ausgehändigt (Briefpost-Ausgabe-Stempel auf Rückseite).

 

Sedantag (2.9.1870) : PP-GS 20 Jahre, 25 Jahre. Träger waren Kriegervereine. Die mit der Feier verbundene „Verherrlichung des Krieges von 1870/71 und die Anerkennung des Krieges als politisches Mittel erleichterte die Gewöhnung an den Gedanken eines zukünftigen Krieges und bereitete damit einer kriegsbereiten Stimmung …. den Boden“.

Die Sedanfeiern verloren nach dem Jubiläum 1895 stark an Bedeutung. Seit der Jahrhundertwende waren sie etwa aus dem öffentlichen Leben der Stadt Hannover weitgehend verschwunden. (Christine Seeger, Die Sedanfeiern in Hannover, in: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge Band 46, Hannover 1992)

 

Reichsgründung

Friedensdenkmal München

Arche de La Défense - Unterschiedliche Wahrnehmung in Deutschland und Frankreich. - Der Name des Viertels leitet sich ab von dem Denkmal „La Défense de Paris“, welches zu Ehren der Soldaten aufgestellt wurde, die die Stadt während des französisch-deutschen Krieges von 1870 verteidigten (frz. défendre). Die bronzene Skulptur von Louis-Ernest Barrias wurde 1883 in der Mitte eines Kreisverkehrsplatzes in Courbevoie eingeweiht. Sie wurde während der ersten Bauphase des Défense-Viertels entfernt und später auf der Betonplatte exakt an ihrem ursprünglichen Standort wieder aufgestellt.

Die sich auf 1806 gründende kriegerische Sicht der Geschichte ist spätestens zur 200-Jahrfeier 2006 überholt: Napoleon und seine Generäle, Lannes, selbst Napoleon ist auf Briefmarke abgebildet, Louise von Preußen (Madonna und Kriegsgöttin, „Preußenmythos“, Herfried Münkler, Die Deutschen und ihre Mythen, Berlin 2009), - Friede von Tilsit 1807; Photo: Franzosen vor dem Hauptdenkmal in Vierzehnheiligen 2006, Rendezvous – Deutsch-Französisches Jahr.

4. Volksaufstand in Tirol

Aspern 21./22.5.1809, gilt als erste Niederlage Napoleons auf dem Schlachtfeld, gegen österreichische Truppen unter Erzherzog Karl.

Dagegen dieser besiegt in der Schacht bei Wagram 5./6.7.1809 vor den Toren Wiens.

Andreas Hofer und die Schlacht am Bergisel bei Innsbruck, 12.4., 29.5., 13.8. und 1.11.1809.

Tiroler Landesmuseum auf dem Bergisel (Photo), Riesenrundgemälde, davon Ausschnitt, Hofer-Denkmal auf dem Bergisel, Block: Der preußische Minister Freiherr vom Stein beauftragte mit dem Nazarener Joseph Anton Koch einen Tiroler Maler – der allerdings seit 1782 schon nicht mehr in seiner Heimat ansässig war -, den Kampf der Tiroler gegen die napoleonische Grande Armée unter ihrem Anführer Andreas Hofer im Gemälde darzustellen. (Katalog „Napoleon und Europa, 2010, S.303)

Grabmal Andreas Hofers in der Hofkirche Innsbruck.

Hauptgegner war der bayerische General Fürst Wrede, Statue ebenfalls im Tiroler Landesmuseum. Privatganzsache feiert die Gründung seines Regiments vor 100 Jahren (1903 / 1803).

5. Erfolglose Versuche: Schill und der Schwarze Herzog

 

Versuche, einen Volksaufstand in Deutschland herbeizuführen. Freikorps:

 

Ferdinand Baptista von Schill (* 6. Januar 1776 in Wilmsdorf bei Dresden; † 31. Mai 1809 in Stralsund) war ein preußischer Offizier, der als Freikorpsführer in den Kriegen von 1806/07 und 1809 bekannt wurde.

125 Jahre nach seinem Tod Werbestempel Stralsund 1934. Danach Gedenken im wesentlichen in der DDR: Briefmarke und Münze, 1999 dann Sonderstempel Stralsund. - Ansichtskarte aus Wesel erinnert an das Schicksal der 11 dort erschossenen Schill´schen Offiziere.

 

Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels, auch der Schwarze Herzog genannt, (* 9. Oktober 1771 in Braunschweig; † 16. Juni 1815 bei Quatre-Bras, Königreich der Vereinigten Niederlande), Sohn des o.g. bei Auerstedt gefallenen Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, war einer der deutschen Volkshelden der Napoleonischen Kriege, preußischer General und regierender Herzog von Braunschweig. Das schlesische Herzogtum Oels hatte er 1805 geerbt.

 

Aufruf „An meine Landsleute“. - Reiterstandbild (beider Herzöge) vor dem Schloß, dgl. Obelisk am Löwenwall in Braunschweig, errichtet 1822 auf Initiative einflußreicher Bürger, vier Löwen an den Ecken der quadratischen Plattform, gegossen nach einem Modellentwurf des Bildhauers Johann Gottfried Schadow.

 

„Schwarzer Herzog nennt sich ein untergäriges dunkles Lagerbier des Hofbrauhauses Wolters GmbH in Braunschweig (gegr. 1627).

 

6. Moskau brennt, Yorck und die Konvention von Tauroggen

 

Bild Schinkels (aus einer Ausstellung 2013 der Hypo-Kulturstiftung in München)

 

Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg (* 26. September 1759 in Potsdam; † 4. Oktober 1830 auf Gut Klein-Öls, Landkreis Ohlau, Niederschlesien) war ein preußischer Generalfeldmarschall und Begründer des Adelsgeschlechts Yorck von Wartenburg.

 

Erste philatel. Erwähnung: Ganzsache 2012.

 

Die Konvention von Tauroggen (russisch Таурогенская конвенция) ist ein Waffenstillstand, der am 30. Dezember 1812 bei der Poscheruner Mühle, etwa drei Kilometer von Tauroggen entfernt, an der damaligen russisch-preußischen Grenze von dem preußischen Generalleutnant Johann David von Yorck und dem russischen Generalmajor Hans Karl von Diebitsch (aus schlesischem Adel!) abgeschlossen wurde. Maßgeblichen Anteil am Zustandekommen dieser Vereinbarung hatte der ebenfalls in russischen Diensten stehende spätere preußische General Carl von Clausewitz.

 

Film 1931, Yorck-Kinos in Berlin

 

Die Konvention setzte endgültig ein wirksames Fanal zum Aufstand gegen Napoleon und leitete damit die Befreiungskriege ein, in denen Yorck wichtige strategische Erfolge (Wartenburg !) erzielte. Beginn durch „ehrenvollen Verrat“, Linie bis zum Widerstand von Offizieren gegen Hitler.

 

Yorckscher Marsch oder Marsch des Yorck'schen Korps , komponierte Ludwig van Beethoven 1808 in F-Dur als „Marsch für die böhmische Landwehr“. Ursprünglich dem Erzherzog Anton von Österreich (u.a. Kurfürst von Köln, Hochmeister des Dt. Ordens) gewidmet, wurde er 1813 nach Johann David Ludwig Graf Yorck von Wartenburg benannt. Der Yorcksche Marsch ist einer der bedeutendsten Militärmärsche in Deutschland. So ist er beispielsweise der vorgeschriebene Einzugsmarsch für das Zeremoniell des Großen Zapfenstreichs und der Traditionsmarsch des Wachbataillons.

 

(ggf. Ton-Aufnahme auf Laptop abspielen)

7. Breslau und der Aufruf „An mein Volk“

 

Mit dem Aufruf „An Mein Volk“ wandte sich der preußische König Friedrich Wilhelm III. am 17. März 1813 in Breslau an seine Untertanen, „Preußen und Deutsche“, und bat um Unterstützung für den Kampf gegen Kaiser Napoleon I. Am gleichen Tag war die Kriegserklärung Preußens an Frankreich erfolgt.

 

Zahlreiche Ganzsachen von 1913, u.a. zu dem Aufruf, Bildseite: „Der König rief und alle alle kamen“ nimmt Bezug auf die Freikorps und auf Spenden. Vorderseite zeigt mit martialischen Bildern die militärische / militaristische Entwicklung vor dem 1. Weltkrieg. Ferner zur Jahrhundertfeier und Jahrhunderthalle in Breslau, bis hin zu einer polnischen Ganzsache.

 

Die Freiwilligen-Verbände waren Teil der Landwehr, die neben das Berufsheer trat: Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.

 

Das bekannteste Freikorps der Befreiungskriege waren die „Lützower Jäger“. Lützows Truppe wurde im Februar 1813 mit offizieller Billigung unter dem Namen Königlich Preußisches Freikorps als reguläre Truppe des preußischen Heeres gegründet. Grundlage für die Aufstellung dieses und weiterer Freikorps war die Allerhöchste Kabinetts-Ordre (AKO) vom 3. Februar 1813 über die Aufstellung freiwilligen Jägerdetachements, von der auch der Beiname „Lützower“ bzw. „Schwarze Jäger“ herrührt, obwohl nur ein kleiner Teil der Truppe tatsächlich aus Jägern bestand.

 

Einer der Freiwilligen und wichtiger Organisator war Jahn. Deshalb erscheint sein Bildnis auf Erinnerungsganzsache zum Turnfest 1913. Sammelpunkt der Freiwilligern war Breslau, Einsegnung in der Kirche des benachbarten Rogau. Bekanntester Jäger war und wurde im nachhinein Theodor Körner, dessen Gedichte und Lieder die Erhebung unterstützten. Gefallen bei Gadebusch naher der Elbe. Ein Block von 1991 war aus dem postalischen Programm der DDR übernommen worden (wie übrigens auch die Briefmarke zu Ehren von Blücher). Auch Joseph von Eichendorff war Lützower Jäger. Besonderer Fall: Einige Frauen unter den Jägern, z.B. Eleonore Prochaska, im Zusammenhang mit der Schlacht in der Göhrde verwundet, gestorben im Dannenberger Lazarett.

 

8. Viele Schlachten – viele Tote

 

Der Völkerschlacht gingen zahlreiche kleine und größere Gefechte voraus, die bereits einen hohen Blutzoll, nämlich über 50.000 Tote, forderten.

 

23.8.1813 Großbeeren, Niederlage der Franzosen verhinderte ihr erneutes Vordringen nach Berlin. In Großbeeren erinnert ein am 23.8.1913 eingeweihter Turm an die Schlacht. Einmal im Jahr wird das Siegesfest Großbeeren gefeiert.

 

26.8.1813 Katzbach. Franzosen unter McDonald von Preußen unter Blücher und Yorck zurückgeschlagen. Nach dem nahen Ort Wahlstatt Beiname Blüchers.

 

27.8.1813 Gefecht bei Hagelberg. Französisches Korps praktisch vernichtet, wegen feuchten Pulvers „Kolbenschlacht“, sächsisches Kontingent lief zur preußischen Seite über. Vorbild für Theodor Fontanes Roman „Vor dem Sturm“.

 

6.9.1813 Dennewitz. Hinderte endgültig Napoleons Vorrücken auf Berlin. v.Bülow und Tauentzien gegen französische und sächsische Truppen unter Ney.

 

16.9.1813 Göhrde. Rückzug der Franzosen erzwungen, u.a. von Lützows Freikorps. Achse der französischen Truppen zwischen Hamburg und Sachsen (dort Hauptarmee) und damit Nachschub unterbrochen. Seit 1836 erinnert ein großer Findling an der B 216 an das Gefecht.

 

3.10.1813 Wartenburg. Yorck gegen Bertrand. Die Elblinie der Franzosen wird durchbrochen, Blücher der Marsch nach Leipzig ermöglicht.

9. Völkerschlacht bei Leipzig

 

Karten der Aufstellung zur Schlacht zeigen, daß sich das Geschehen hauptsächlich südlich von Leipzig abspielte. Dort, in der Gegend von Markkleeberg, u.a. an dem aus dem Braunkohlentagebau entstandenen See, findet man auch heute viele Erinnerungsmale. Zwei seltene Ganzsachen zum Gefechtsbild. Von historischen Vereinen nachgestellt, auch 2013.

 

Gedenken in Form eines großen Denkmals ausgerechnet in Bayern, das dem Rheinbund angehörte und erst in letzter Minute (wie Sachsen) die Seiten gewechselt hatte: Befreiungshalle Kehlheim, oberhalb der Donau gelegen. Ganzsachen feiern den Sieg als einen solchen der Fürsten. Es läßt sich eine Kette von philatelistischen Belegen zur Befreiungshalle in Kehlheim durch die Zeit bis heute nachweisen.

 

1895 schrieb der Deutsche Patrioten-Bund einen allgemeinen Ideenwettbewerb aus. Der Grundstein für das Denkmal wurde am 18. Oktober 1898 im Südosten der Stadt gelegt. Errichtet wurde es nach Entwürfen von Bruno Schmitz. Bauherr war Clemens Thieme, der Leipziger Altlogenmeister der Freimaurerloge Apollo war und auf den auch der Einbau der Krypta zurückzuführen ist.] Finanziert wurde es durch eine speziell eingerichtete Lotterie und durch Spenden. Am 18. Oktober 1913 wurde das Völkerschlachtdenkmal eingeweiht.

 

Das Denkmal erscheint auf einer Vielzahl philatelistischer Belege, allerdings nur einmal in bunter Verbindung mit dem Schlachtgeschehen. Photos: monumentale Gestaltung. Ganzsachen und Stempel feiern vor allem die Einweihung des Denkmals 1913 und gehen auf die Jubiläen 1938, 1953 und 1963 ein. Dabei hat sich nach dem 2. Weltkrieg die DDR besonders hervorgetan, in der Bundesrepublik nimmt man den Gegenstand erst nach der Wiedervereinigung auf. Daneben oftmals Gedenkganzsachen oder Stempel von Vereinen und Firmen, - in der Bundesrepublik wiederum erst nach 1990.

 

Besonders lange hielten sich die Franzosen an der Elbe. In Magdeburg konnte der preußische General Tauentzien erst am 24. Mai 1814 einziehen. In Erinnerung an die Befreiung Magdeburgs wurde 1864 ein Borussia-Denkmal gestiftet und 1866 aufgestellt. Die Statue wurde Opfer von Schießübungen am Ende des 2. Weltkrieges. Auf dem noch vorhandenen Sockel des Denkmals im Herrenkrugpark macht ein Messingschild auf die Bedeutung dieses Ortes aufmerksam. In Hamburg beendeten die Franzosen erst drei Wochen, nachdem die Alliierten Paris erobert hatte, die Besetzung der Stadt.

 

10. Waterloo – Belle Alliance

 

Die abenteuerliche Rückkehr Napoleons aus Elba wurde erst 1815 in der Schlacht bei Waterloo beendet, dargestellt auf einer belgischen Briefmarke von 1990. Belle-Alliance ist die Bezeichnung eines Gehöftes 20 km südlich von Brüssel, das Napoleon Bonaparte als Hauptquartier in der Schlacht gedient hat. In der preußischen und deutschen Geschichtsschreibung wurde bis ins 20. Jahrhundert auch der Name „Schlacht bei oder von Belle Alliance“ verwendet. Dies ist auf Blücher zurückzuführen, der schon in seinen Berichten am 21. Juni 1815 diesen Namen benutzte.

 

Eine Ganzsache ist dem Theater dieses Namens gewidmet, der (frühere) Alliance-Platz in Berlin ist im kriegszerstörten Zustand auf einer Berlin-Briefmarke abgebildet. Uns allen hier am bekanntesten ist sicher die Waterloo-Säule in Hannover, vermutlich weniger bekannt ist das Waterloo-Tor in Osnabrück; dort wurde das alte Hegertor 1817 in der Art eines Triumphbogens als Ehrenmal neu gestaltet und umbenannt.

 

11. Tote und Verwundete und ihre Ärzte

 

Über die vielen Toten und Verwundeten (Übersicht) findet man so gut wie nichts in der Philatelie, spiegelbildlich zur allgemeinen Erinnerungskultur. An einem Gedenkstein links vom Eingang der russischen Kirche (Abbildung auf russischer Briefmarke) findet man einen Gedenkstein mit folgender Mitteilung: „Dem Gedenken der 22000 russischen Krieger, gefallen für die Befreiung Deutschlands 1813 bei Leipzig. An der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16.-19. Oktober 1813 nahmen teil: Russen 127000, Österreicher 89000, Preußen 72000, Schweden 18000. In diesen Schlachten fielen: 22000 Russen, 16000 Preußen, 12000 Österreicher, 300 Schweden.“

 

Zwei Ärzte der napoleonischen Armee werden auf französischen Briefmarken geehrt, deutscher Ärzte wird lediglich auf vereinzelten Sonder-/Werbestempeln aus DDR-Zeit gedacht.

 

Ebenso vereinzelt trifft man in Deutschland noch auf Orte, an denen französische Soldaten aus dieser Zeit begraben wurden: Franzosenfriedhof in der Nähe von Augustusburg, Zeitungsmeldung über Leichenfunde in Erfurt 2004.

 

12. Geschichte erzählen (oder erfinden?) durch Denkmäler

 

Einige bekannte Denkmäler waren im Zusammenhang mit den Befreiungskriegen gedacht, der Zusammenhang war oft konstruiert, sie erzählen deshalb nicht nur Geschichte, sie erfinden sie auch teilweise neu, begründen Mythen der deutschen Geschichte.

 

Die Tafeln an dem 1833 errichteten Obelisken auf dem Karolinenplatz in München erinnern an die 30000 Bayern, die Napoleons Rußlandfeldzug nicht überlebten. „Auch sie starben für des Vaterlandes Befreiung“, wird behauptet, schlichte Propaganda angesichts der Tatsache, daß sich Bayern erst in der Völkerschlacht auf die Seite der Alliierten schlug. Die Walhalla bei Regensburg wurde mit Bedacht am 18.10.1830, dem Jahrestag der Völkerschlacht, gegründet und am 18.10.1842 eingeweiht.

 

Der Befreiungskampf der Deutschen wird mit dem Hermannsdenkmal zurückgeführt bis in das Jahr 9 n.Chr. Das zeigen die Abbildungen von Völkerschlacht- und Hermannsdenkmal auf zwei Ganzsachen, eine mit dem Rückgriff auf Jahn, die andere zum 25jährigen Regierungsjubiläum Kaiser Wilhelm II. Als Mythos erkannt, wie es eine Ausstellung im Lippischen Landesmuseum zum Thema macht, kann das Hermannsdenkmal auch heute unverdächtig auf einer Briefmarke und einem Markenheftchen erscheinen.

 

1814 forderte Joseph Görres im Zuge der Kämpfe gegen Napoleon den Weiterbau des seit Jahrhunderten unvollendeten Kölner Doms als „Symbol des neuen Reiches“. Dieser Zusammenhang ist richtig dargestellt auf dem DDR-Block 140 Jahre danach. Die Einweihung wurde bewußt am 16.10., dem Tag der Völkerschlacht bei Leipzig, gefeiert.

 

Die Inschrift am Niederwald-Denkmal lautet: „Zum Andenken an die einmüthige siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und an die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches 1870/71“. Mithin wird die Gründung des Deutschen Reichs als späte Vollendung der Befreiungskriege angesehen.

 

13. Befreiungs- oder Freiheitskriege?

 

In Berlin trafen mehrere bedeutende Persönlichkeiten zusammen, die das Ende der napoleonischen Besetzung forderten, unter ihnen Gneisenau und vom Stein, der sich schon aus Nassau kritisch geäußert hatte sowie Schleiermacher, Arndt und Fichte. Besonders Arndt schrieb und dichtete gegen Napoleon. Der Philosoph Fichte hielt in Berlin seine berühmten „Reden an die Deutsche Nation“. Darin forderte er zur sittlichen Erneuerung und zum Widerstand gegen Napoleon auf. Diesen Vordenkern lag allerdings nicht nur an der Befreiung Deutschlands und seiner Einheit, sondern auch an der Garantie bürgerlicher Freiheiten. Deshalb wurde früher auch von „Freiheitskriegen“ gesprochen, in denen sich das Volk erhoben hat, um für seine Freiheit zu kämpfen. In der folgenden Epoche der Restauration wurde diese Freiheit aber gerade verweigert.

 

Zwei Beispiele hierfür aus früher Zeit:

Verordnung, die Kommunikation mit Frankreich betreffend, vom 27. März 1815 (Auszug aus dem Amtsblatt des General-Gouvernements des Niederrheins). Schon vor der alles entscheidenden letzten Schlacht hatten die Verbündeten in den rheinischen Departements mit einem „General-Gouvernement“ vorläufig wieder die Staatsgewalt übernommen, hier gezeigt am Beispiel des Departements 103 Roer (Rur), das sich von Kleve bis nach Monschau erstreckte. Der Chef des Generalstabs schränkte den zivilen Post- und Reiseverkehr von und nach Frankreich erheblich ein, die Grenze wurde weitgehend gesperrt, französische Zeitungen waren abzuliefern, alles in allem handelt es sich hier um ein Dokument strikter Militärzensur.

 

Brief aus dem wiederhergestellten Königreich Hannover mit altem westphälischen Stempel (40 x 5 mm) und rotem Datumskreisstempel vom 4. Juli (1815): Als erste bekamen das die in den verbündeten Staaten ansässigen Franzosen zu spüren. Die „Sicherheits-Polizei-Commission“ des Königreichs Hannover ordnete z.B. wenige Tage nach Waterloo die Überwachung der Franzosen an: Teil-Kopie des mit Brief versandten Erlasses). Der Polizeistaat nahm sich natürlich auch wieder „seiner“ Bürger an.

 

Die bürgerlichen Freiheiten wurden gefordert auf dem Wartburgfest der deutschen Burschenschaften 1817, auf dem Hambacher Fest 1832 und erhielten 1841 mit „Einigkeit und Recht und Freiheit“ von Hoffmann von Fallersleben ihren bis heute gültigen Ausdruck. Sie durchzusetzen war das Ziel der in der Paulskirche 1848 versammelten Demokraten und der anschließenden Revolution.

 

Feldpostbrief als „Militärbrief“ aus Rottweil vom 18. Juli 1849 nach Nagold, zum Zeichen der Portofreiheit mit dem Stadtsiegel von Wellendingen versehen. Das war schon gegen Ende des Aufstandes in Baden.

 

14. Militarismus und Befreiungskriege

 

Zu Beginn der Befreiungskriege mußten neue Regimenter aufgestellt werden, um es mit Napoleon aufnehmen zu können. Kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges bot sich mit den Jubiläen dieser Regimenter die Gelegenheit, die zunehmende Militarisierung durch einen Rückgriff auf die Befreiungskriege anzureichern.

 

Bayerische Ganzsache zur Hundertjahrfeier eines 1814 gegründeten Regiments, dessen Stammtruppen bereits am Feldzug Napoleons in Spanien teilgenommen hatten. Dieser Feldzug war von beiden Seiten mit großer Grausamkeit geführt worden, mithin eigentlich kein Ruhmesblatt. Das gilt in besonderem Maße für die bayerischen Kontingente, die den Befreiungskampf der Tiroler unter Andreas Hofer niedergeschlagen hatten, um den von Napoleon empfangenen Territorialzuwachs zu bewahren. Die hier gezeigte Ganzsache stellt einen Zusammenhang der Befreiungs-kriege mit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, der in den Köpfen maßgeblicher Politiker vorhanden war.

 

Das Eiserne Kreuz, das 1813 für Verdienste in den Befreiungskriegen gestiftet worden war, wurde im Dritten Reich mißbraucht, dann aber von der Bundeswehr in eine neue Tradition eingebunden, in der es allgemein anerkannt ist.

 

15. Gegenwart und Ausblick: Versöhnung

 

Stichworte zu 200 Jahren deutsch-französischer Geschichte auf dem Grabstein für den französischen General Bastoul, der in der Armée du Rhin diente und in der Schlacht bei Hohenlinden fiel, noch heute zu finden auf dem Alten Südfriedhof in München: „1800 Streit – Not – Leid / 2000 Friede – Freiheit.“

 

Die gemeinsame deutsch-französische Sicht auf die Ereignisse gewährleistet am ehesten, daß weder ein verklärender noch ein haßerfüllter Nationalismus für die Zukunft notwendige Erkenntnisse verstellt. In diesem Sinne war die deutsch-französische Gedenkwoche zur 150-Jahrfeier der Befreiungskriege in Rehau-Faßmannsreuth in Bayern (links) vorbildlich.

Die Gedenkveranstaltungen in Leipzig 2013 stehen unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz. Er schreibt dazu: „Das Mahnmal soll uns daran erinnern, daß wir dann in besseren Zeiten leben, wenn solche Denkmäler gar nicht erst gebaut und nicht gebraucht werden.“

 

Deutsch-französische Gemeinschaftsausgabe aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums des Elysée-Vertrages.

 

Erbfeinde – Erbfreunde, Titel einer Ausstellung des Deutsch-Französischen Jugendwerks in Ludwigsburg, über die deutsch-französischen Beziehungen zwischen 1870 und 1945, „im Spiegel zeitgenössischer Literatur“.

 

Hier: ….. „im Spiegel der Philatelie“.

 

Hinweis auf mein Exponat „Napoleon – Geburtshelfer der deutschen Nation wider Willen“ (Gliederung).

Weitere Vorträge

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